ADB:Heinrich VI. (Herzog von Schlesien)

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Artikel „Heinrich VI., Herzog von Breslau“ von Colmar Grünhagen in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 11 (1880), S. 613–614, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Heinrich_VI._(Herzog_von_Schlesien)&oldid=- (Version vom 27. April 2024, 00:29 Uhr UTC)
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Heinrich VI., der letzte Herzog von Breslau, geb. den 18. März 1294, stirbt den 24. Novbr. 1335. Zuerst urkundlich erwähnt unter dem 20. Mai 1304, erscheint er dann in den Jahren 1309–11 neben seinem älteren Bruder Boleslaw als Pfandesherr von Troppau, 1310 heirathet er Anna, Tochter König Albrechts I., Wittwe des Markgrafen Hermann von Brandenburg. 1311 kommt er durch Theilung mit seinem Bruder in den Besitz des Herzogthums Breslau, d. i. der Gebiete von Breslau und Neumarkt. Obwol er sich nun beeilte, die ihm in dem Theilungsvertrage auferlegte Abfindungssumme an den älteren Bruder zu zahlen, so entging er doch dessen Feindschaft nicht und mußte, [614] als er in einen Tausch der Landesantheile nicht willigen mochte, sein Gebiet grausam verwüstet sehen. Vor diesen Bedrängnissen suchte er Schutz bei Kaiser Ludwig dem Baier, der jedoch zwar sein Land als Reichslehn annahm und dessen Vererbung auch auf die weibliche Linie gestattete, doch wirksamen Schutz nicht zu gewähren vermochte. Dagegen stieg die Keckheit Boleslaws immer höher. Bis in die Straßen Breslau’s wagten sich seine Kriegsleute; sie schleppten einen der Rathgeber der Herzogs, den Kanonikus Heinrich v. Banz aus der Capitelssitzung gefangen fort, und einen Andern, Mollendorf, überfielen sie in der Elisabethkirche und erschlugen ihn vor derselben, als er Gegenwehr versuchte. Zeigten solche Vorkommnisse die Ohnmacht des allzu friedfertigen Herzogs und die geringe Wehrhaftigkeit der Breslauer Bürgerschaft in grellem Lichte, so mochte die letztere ebenso wie der deutsche Adel des Fürstenthums auch noch erwägen, welch schwere Gefahr dem germanisirten aber ganz zersplitterten Schlesien von dem damals unter Wladislaw Lokietek auf nationaler Grundlage zu erhöhter Macht sich erhebenden Polen drohe, und so riethen sie denn ihrem Herzoge einen wirksamen Schutz durch den Anschluß an das unter dem deutschen Fürstenhause der Luxemburger deutsch-nationaler Entwickelung neu versicherte Böhmen zu suchen. Am 6. April 1327 ward H. der Lehnsmann der Krone Böhmen, an die dann auch das Land fallen sollte, wenn der Herzog ohne männliche Erben zu hinterlassen mit Tode abginge. Ein Stück böhmischen Landes, die Grafschaft Glatz und eine jährliche Geldrente wurden ihm auf Lebenszeit zugesichert. Einige schlesische Fürsten waren mit ähnlichen Verträgen bereits vorangegangen, andere folgten, bald hatte der bei weitem größte Theil von Schlesien die böhmische Oberlehnshoheit anerkannt, ein Ereigniß, dessen große Bedeutung man erst erkennt, wenn man erwägt auf der einen Seite die Machtstellung Polens, auf der andern die damalige Schwäche der deutschen Nachbarstaaten und des Reiches überhaupt und vor allem das in Betracht zieht, daß gerade damals die päpstlichen Legaten unzufrieden darüber, daß die deutschen Kolonisten in Schlesien den in Polen üblichen Peterspfennig zu zahlen verweigerten, mit allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln die Polonisirung Schlesiens anstrebten. Der milde und friedfertige Herzog, von welchem das menschenfreundliche Wort – er wolle, daß man in seiner Stadt nicht nur lebe und esse, sondern gut lebe und gut esse, urkundlich erhalten ist, lebte im besten Einverständnisse mit den herrschenden Patriciern in Breslau, aus deren Zahl er sogar seine Rathgeber wählte. Es wurde diesen nicht schwer seine Zustimmung dazu zu erlangen, daß namentlich der Eventualität eines Heimfalls an die Krone Böhmen gegenüber die Verfassung der Stadt möglichst festgestellt wurde; die Absorbirung der landesherrlichen Vogtei durch den Rath, die Sanctionirung des oligarchischen Wahlmodus für den Rath, die Vereinigung von Alt- und Neustadt, die Wegschaffung der letzten Schranken der bürgerlichen Rechtspflege, wichtige Zoll- und Handelsbestimmungen datiren fast sämmtlich aus der Zeit um 1327. Ein Aufruhr der neustädter Weber, die sich dem Regiment der altstädter Patricier nicht fügen wollten (1333), ward mit blutiger Strenge unterdrückt. Als H. am 24. Novbr. 1535 starb ohne männliche Erben zu hinterlassen, ward er im Clarenkloster (nachmals Ursulinerinnenkloster) zu Breslau beigesetzt, in dessen Kirche sein Grabstein noch erhalten ist. Sein Land huldigte ohne Schwierigkeiten dem Böhmenkönig Johann, und von dem Portale des stolzen neuen Rathhauses, welches die Breslauer in jenen Tagen zu bauen begannen, schaute der böhmische Löwe behelmt und zur Abwehr bereit gegen den feindlichen Osten.

Hauptquelle ist das Chronicon principum Poloniae in Stenzel’s Ss. rer. Siles. I. Eingehend ist Heinrichs Leben behandelt in Grünhagen’s Breslau unter den Piasten (Berlin 1861). Beschreibung und Abbildung seines Denkmals A. Luchs, Schles. Fürstenbilder, Bogen 11.