ADB:Langsdorff, Georg Heinrich Freiherr von

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Artikel „Langsdorff, Georg Heinrich Freiherr von“ von Friedrich Ratzel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 17 (1883), S. 689–690, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Langsdorff,_Georg_Heinrich_Freiherr_von&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 01:41 Uhr UTC)
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Langsdorff: Georg Heinrich Freiherr v. L., Naturforscher und Reisender, geb. 1774 zu Wöllstein in Rheinhessen, † den 29. Juni 1852 zu Freiburg im Breisgau. L. besuchte die Schule zu Buchsweiler im Elsaß und das Gymnasium zu Idstein. In Göttingen widmete er sich darauf dem medicinischen Studium mit solchem Eifer, daß er schon 1797 mit der Doctorwürde bekleidet ward. Doch war sein Sinn mehr auf die Wissenschaft als den Broterwerb gerichtet und er setzte vorzüglich seine naturwissenschaftlichen Studien mit Eifer fort. L. hatte das Glück eine Vorschule zu gewinnen, wie er sie selbst in der Vorrede zu seinen „Bemerkungen“ kennzeichnet, indem er sagt: „Um Reisen mit Nutzen zu machen, dazu wird gewissermaßen eine besondere Kraft erfordert, die man sich nicht wohl anders als eben durch frühere Reisen zu eigen machen kann.“ Sogleich nachdem L. in Göttingen die medicinisch-chirurgische Doctorwürde angenommen hatte, begleitete er den Prinzen Christian von Waldeck, der als Generalissimus zur portugiesischen Armee ging, nach Lissabon. Prinz Christian, der selber Gelehrter und Freund der Wissenschaft war, lieh ihm Anregung und Unterstützung in den nicht unmittelbar mit dem Fach zusammenhängenden Naturstudien. 1798 begleitete L. den Prinzen auf einer Reise durch Portugal und trat nach dessen 1799 erfolgtem Tode als Arzt bei den in Portugal stehenden Hülfstruppen ein, mit welchen er 1801 den Feldzug in Spanien mitmachte. Nach dem Frieden von Amiens verabschiedet, kehrte er 1803 nach Deutschland zurück, wo bereits in Göttingen seine reichen naturhistorischen Sammlungen lagen. In der Bearbeitung derselben begriffen, erhielt er durch russische Freunde, die er in Spanien gewonnen, die Nachricht von der Krusenstern’schen Expedition und eilte, um mit ihr in Kopenhagen zusammenzutreffen. Wiewol man von Petersburg aus ihm keine formelle Erlaubniß zur Mitreise ertheilte, wußte er dieselbe bei Krusenstern und Resanoff durchzusetzen und er machte nun an Bord der „Nadeschda“ die ganze große Reise mit, deren Verlauf wir in Krusenstern’s Leben (s. oben S. 270) zu zeichnen versuchten. Im Peter-Pauls-Hafen auf Kamschatka trennte er sich 1805 von der Krusenstern’schen Expedition, um mit Resanoff zusammen Russisch-Amerika und Californien zu besuchen und kehrte dann von Kamschatka über Jakutsk, Irkutsk, Tobolsk etc. zurück. Den 16. März (a. St.) 1808 traf L. in Moskau wieder ein. Er trat dann in russische Staatsdienste und ging als Geschäftsträger nach Brasilien. 1820 in Urlaub zurückgekehrt, suchte er, nicht ohne Glück, die deutsche Einwanderung nach Brasilien mit zu organisiren und kehrte mit 90 Einwanderern 1822 nach Brasilien zurück, von welchem Lande er einen großen Theil u. A. in Gesellschaft des Astronomen Ruszow und des Malers Rugendas durchzog. Nach erneuter Rückkehr siedelte er, durch tropische Fieber in einer Weise entkräftet, die ihn nie mehr zu geistiger Arbeit kommen ließ, nach Lahr und dann 1831 nach Freiburg i. Br. über, wo er den Rest seines Lebens verbrachte. Er starb dort am 29. Juni 1852. Langsdorff’s Hauptwerk sind die „Bemerkungen auf einer Reise um die Welt in den Jahren 1803–1807“, welches reich mit Kupfern verziert 1812 in 2 Bänden in Frankfurt erschien. Der erste Band ist Kaiser Alexander I., der zweite Krusenstern gewidmet. Wiewol heute weniger beachtet als manche andere Reiseschilderung jener Zeit, kann Langsdorff’s Werk immer nur in der ersten Reihe [690] der so reichen und bedeutenden polynesischen Reiselitteratur genannt werden. Nach dem Grundsatze „Strenge Wahrheitsliebe ist kein Vorzug, sondern Schuldigkeit eines jeden Reisebeschreibers“ handelnd, hat L. einen Reisebericht geliefert, der zu den zuverlässigsten gehört, die man über die pazifischen Länder und Völker besitzt und man wird vor Allem die Krusenstern’schen Aufzeichnungen nur an der Hand der Langsdorff’schen mit vollem Verständniß lesen. Mehrere Bearbeitungen für die Jugend und für weitere Kreise bezeugen den Reiz, den der große Reichthum gut beobachteter und einfach geschilderter Thatsachen in diesem Werke auf die Leser übte. Das 14. Kapitel des zweiten Bandes, welches die kamtschadalischen Schlittenhunde und ihre Verwendung ausführlich schildert, ist in seiner Art musterhaft. L. hat außerdem die Pflanzen dieser Expedition bearbeitet in „Plantes recueillies“ 1810–18. Im J. 1820 gab er ein „Mémoire sur le Brésil“ für Auswanderer heraus. Von hervorragendem Werth sind seine mit Horner in den Schriften der Petersburger Akademie veröffentlichten „Stündliche Beobachtungen über die Schwankungen des Barometers in den Tropen“. Mehrere tüchtige kleinere Arbeiten über den kamtschadalischen Fliegenschwamm, über Kamtschatka’s Erzeugnisse, über die Entstehung einer neuen Insel im Alëuten-Archipel u. A. erschienen in verschiedenen deutschen und russischen Zeitschriften. Doch scheint L. nach 1826 nichts mehr unter seinem Namen veröffentlicht zu haben.

Vorrede zu den „Ergebnissen“. – N. Nekrolog d. Deutschen, XXX. – Bildniß in den N. Ephemeriden, 1811.