ADB:Liudolf (Herzog von Schwaben)

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Liudolf, Herzog von Schwaben“ von Paul Friedrich von Stälin in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 19 (1884), S. 6–8, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Liudolf_(Herzog_von_Schwaben)&oldid=- (Version vom 18. April 2024, 21:34 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Nächster>>>
Luitpold
Band 19 (1884), S. 6–8 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Liudolf (Schwaben) in der Wikipedia
Liudolf in Wikidata
GND-Nummer 130875791
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|19|6|8|Liudolf, Herzog von Schwaben|Paul Friedrich von Stälin|ADB:Liudolf (Herzog von Schwaben)}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=130875791}}    

Liudolf, Herzog von Schwaben, † 957. Im J. 930 als erster echter Sohn Kaiser Otto’s des Großen aus dessen Ehe mit Edith, Tochter König Eduards von England, geboren, erhielt er 946 durch einen feierlichen Eid der Großen des Reichs die Nachfolge in letzterem zugesichert. Schon zuvor, im J. 939, war er mit der einzigen Tochter und Erbin des an Geld und Gut reichen Herzog Hermanns I. von Schwaben, der schönen und vielgepriesenen Ida, verlobt worden und bekam, wahrscheinlich im J. 947 mit ihr vermählt, nach seines Schwiegervaters Tode im Februar 950 von seinem Vater die Belehnung [7] mit Schwaben sammt Kurrhätien. Als Otto im J. 951 nach Italien aufbrach, eilte ihm L. ohne Ermächtigung und vorschnell mit einem kleinen schwäbischen Heere voraus, um die italienischen Städte zur Unterwerfung zu bringen, wol auch um für sich an Land und Macht zu gewinnen, jedoch mit nur geringem Erfolg, da der ihm mißgünstige jüngere Bruder seines Vaters, Herzog Heinrich I. von Baiern, durch vorausgesandte Boten vor seiner Aufnahme gewarnt und ihm überall Widerwärtigkeiten bereitet hatte, sodaß er dem Vater wieder rückwärts entgegenziehen mußte. Mißvergnügt über die zweite Ehe, welche Otto nach Ediths Tod nunmehr mit der Wittwe König Lothars von Italien, der schönen Adelheid, einging, sowie über den bedeutenden Einfluß Adelheids und Heinrichs bei seinem Vater, verließ er ohne Wissen des letzteren Italien und verständigte sich um Weihnachten des Jahres im thüringischen Saalfeld insgeheim mit dem Erzbischof Friedrich von Mainz und anderen unzufriedenen Großen des Reichs. Indeß fuhr Herzog Heinrich fort, gegen ihn Umtriebe zu machen, und das verbreitete Gerücht, die Thronfolge, die bisher ihm bestimmt gewesen, sei jetzt einem jüngeren Sohne Otto’s von Adelheid zugedacht, reizten ihn auch gegen den Vater. Er erhob sich plötzlich in der Fastenzeit des J. 953 mit seinem Schwager, dem lothringischen Herzog Konrad, der seinem Schwiegervater gleichfalls grollte, und sie riefen ihre Genossen in Franken, Sachsen und Baiern unter die Fahnen. In Mainz erschienen L. und Konrad selbst bei Otto, der sich völlig in ihrer Gewalt befand, mit der Versicherung, daß sie nicht gegen ihn die Waffen ergriffen hätten, sondern nur gegen Heinrich, welchen sie gerne festgenommen haben würden, und erreichten von dem bedrängten König die Gewährung ihrer Wünsche zugesagt. Allein sobald Otto wieder frei war, nahm er seine Zusage als erzwungen zurück und berief einen allgemeinen Reichstag zum Gericht über die Aufrührer nach Fritzlar, auf welchem (vielleicht im Mai) Konrad und L., wie es scheint, geächtet und ihrer Herzogthümer entsetzt wurden. Es entbrannte nun ein lebhafter Kampf, in welchem die Empörer den größten Theil der Schwaben und den Pfalzgrafen Arnulf aus der früheren Herzogsfamilie Baierns zu ihren Anhängern zählten, während in jener Landschaft namentlich Bischof Ulrich von Augsburg und sein Bruder Graf Dietbald dem Könige getreu blieben. Hauptepisoden des Kampfes sind: die vergebliche längere Belagerung von Mainz, der Stadt des insgeheim jedenfalls zu den Feinden des Königs haltenden Erzbischofs Friedrich und dem Hauptwaffenplatz der Empörer, durch Otto; ein besonders wieder durch Heinrichs Bemühung mißglückter Versuch der Versöhnung im königlichen Lager vor der Stadt, die Plünderung Augsburgs durch den Pfalzgrafen und Vertheilung der bischöflichen Güter durch L. unter seine Anhänger; ein siegreicher Ueberfall seitens der Königlichen über den Pfalzgrafen bei der von letzterem belagerten Feste Mantahinga (954), worauf Bischof Ulrich wieder in den Besitz Augsburgs kam; ferner, nachdem sich zu Langenzenn (westlich von Nürnberg) Erzbischof Friedrich und Herzog Konrad unterworfen hatten und wieder zu Gnaden angenommen worden waren, ein heftiger Zusammenstoß zwischen dem König und dem durch Herzog Heinrich aufs neue gereizten L. bei Horsedal (heutzutage Roßstall, etwas westlich von Nürnberg), eine wiederholte Belagerung der in die Hand der Empörer gefallenen baierischen Hauptstadt Regensburg, durch den König, welche viel Blut und bei einem Ausfall der Belagerten das Leben Arnulfs kostete; endlich die Begegnung von Vater und Sohn bei Illertissen, wo, als die Heere handgemein werden wollten, die Bischöfe Ulrich von Augsburg und Hartbert von Chur beide milder stimmten und einen Vergleich zu Stande brachten. Ehe die zu vollständiger Erledigung der Sache nach Fritzlar berufene Versammlung stattfand, erschien L. bei seinem Vater zu Saufeld (dem heutigen Thangelstedt, südlich [8] von Weimar), warf sich mit entblößten Füßen vor ihm nieder und erhielt Verzeihung. Auf dem Reichstage zu Arnstadt wurde er, wie Konrad, den 17. Dec. 954 noch öffentlich und feierlich begnadigt und im Besitz seiner Eigengüter gelassen, wogegen er seinem Herzogthum und seinen lehensherrlichen Rechten förmlich entsagen mußte. Zwar wurde in neuerer Zeit L. bei diesem Aufstand eine Opposition gegen seines Vaters universalistische Tendenzen unterlegt, allein richtiger möchte die früher allgemeine Ansicht sein, wornach seine Empörung wesentlich aus persönlichen Motiven hergeleitet (mochten sich auch an die einmal begonnene Auflehnung noch mannigfache andere Interessen anlehnen) und mit den mehrfachen Aufständen deutscher Stammesfürsten aus jener Zeit auf eine Stufe gestellt wird. – König Otto wies dem Sohne im J. 955 an seiner Seite einen Wirkungskreis im Slavenkriege an, 956 einen solchen in Italien. Hier erzielte er gegenüber den Königen Adalbert und Berengar glänzende Erfolge, wurde jedoch schon am 6. Sept. 957 zu Piumbia im Gebiet von Novara durch ein Fieber weggerafft und in der St. Albanskirche zu Mainz beerdigt. Allen Zeitgenossen, Deutschen wie Italienern, erschien das frühe Ende des hochgepriesenen Königssohnes bejammernswerth; „so oft wir an den Verlust denken, entströmen uns Thränen, o wärest du nie geboren oder nicht so früh gestorben“, wird geklagt. Ja noch in folgenden Jahrhunderten feierten ihn Volkslieder, verschmolzen jedoch seine Gestalt mit der des späteren schwäbischen Herzogs Ernsts II., der im Aufruhr gegen seinen Stiefvater, Kaiser Konrad II., seinen Untergang fand. Außer seiner Wittwe überlebten L. zwei Kinder: Mathilde, in der Folge Aebtissin von Essen, und Otto, später gleichfalls Herzog von Schwaben.

Chr. Fr. Stälin, Wirtembergische Geschichte, 1. Bd., 1841. Köpke-Dümmler, Jahrbücher der Deutschen Geschichte, Kaiser Otto der Große, Leipzig 1876. v. Giesebrecht, Geschichte der Deutschen Kaiserzeit, 1. Bd., 5. Aufl., Braunschweig 1881.