ADB:Schöffer, Peter der Ältere

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Artikel „Schöffer, Peter“ von Antonius van der Linde in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 32 (1891), S. 213–214, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Sch%C3%B6ffer,_Peter_der_%C3%84ltere&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 16:49 Uhr UTC)
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Schöffer: Peter S. (damals ausgesprochen „Scheffer“, von Schäfer), der bekannte Verleger zu Mainz während der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, stammte aus Gernsheim. Sein Geburtsjahr ist nicht bekannt. Er wurde Cleriker, d. h. er empfing die Tonsur und wohl auch die niederen Weihen. Solche Leute waren nicht unbekannt mit dem damaligen Latein, wurden als öffentliche Notare verwendet, schrieben Bücher ab, und durften sich, nach Ablegung ihres Gewandes, verheirathen (clerici uxorati). Wir begegnen unserem Cleriker zunächst im J. 1451 als Bücherabschreiber in Paris. Ein Sammelband in der 1870 verbrannten Bibliothek zu Straßburg enthielt die Schlußschriften: Finito anno M°CCCC°L X februarii secundum Parisiensem (stylum) [=1451], per me Johannem Gerlaci de Hœst; (Joh. Gerlach aus Höchst). – Hic est finis omnium librorum tam veteris quam nove loice [logice], completi [completorum] per me Petrum Gernszheim, alias de Moguncia (in Paris natürlich besser dann G. bekannt!), in gloriosissima universitatis Parisiensi. Die Beschäftigung [214] des Schreibers, der Aufenthaltsort und das Datum verweisen sofort die von ihm und seinen Nachkommen erhobenen Ansprüche auf die Ehre der Erfindung oder der Miterfindung oder der wesentlichen Verbesserung der Typographie in das Reich der Dichtung. Am 6. November 1455 erscheint unser Gernsheimer zu Mainz als Belastungszeuge wider Gutenberg und für dessen Geldschießer Johann Fust. S. heirathete Christine, die Tochter dieses Mannes, und beide gründeten ein Verlagsgeschäft, das in den Jahren 1457–1503 unter Schöffer’s Namen betrieben worden ist. Anfang und Schluß dieser Verlagsthätigkeit bilden Ausgaben des berühmten sog. Psalterium, das erste vollständig datirte typographisch gedruckte Buch der Welt, dem ich unter dem Titel „Das Breviarium Moguntinum“ (Wiesbaden 1884) eine Monographie gewidmet habe. Zum sovielten Male Schöffer’s zahlreiche Verlagsartikel aufzuzählen, wäre hier gewiß nicht am Platz. Zur Kennzeichnung seiner Wirksamkeit sei nur noch Folgendes bemerkt: Peter S. war Geschäftsmann, sonst nichts; von erfinderischem Talent zeigt sich während seiner langen Verlegerlaufbahn nirgends eine Spur. Keine fachmännische Neuerung ist von ihm ausgegangen, keine Neuerung der Zeitgenossen fand bei ihm Nachahmung: er ist der conservativste Verleger des 15. Jahrhunderts, des Zeitalters der Incunabeln oder Wiegendrucke, das Gegenbild also eines Erfinders oder Miterfinders gewesen. Daß seine Statuen zu Frankfurt (1840) und Gernsheim die Legende zum Sockel haben, das haben sie mit manchem Standbild, auch aus der allerneuesten Zeit, gemein.

Sein Sohn Johann übernahm die Mainzer Buchdruckerei des Vaters und starb 1531. Ein zweiter Sohn, Peter S. II. (er führte einen pfeifenden Schäfer in seinem Druckerwappen), hat bis 1512 ebenfalls zu Mainz, 1527 in Worms, 1532 in Straßburg, und 1541 in Venedig gedruckt. Dessen Sohn Ivo aber war wieder Verleger zu Mainz 1531–52, Fortsetzer also der Buchdruckerei des Großvaters. Ein Buchdrucker in Herzogenbusch Jan Janszoon Scheffer gilt als Johann S. II., dessen Sohn Johann († 1614) dort im J. 1580 die berühmte Achterklärung gegen Wilhelm von Oranien gedruckt hat. Bis zu ihrem Erlöschen also hat das weltbekannte Verlagsgeschlecht seine Presse niemals durch ein „ketzerisches Buch verunreinigt, und ist das Blut des Mainzer Clerikers bis in die entfernteste Ader hinein echt katholisch geblieben. Für die Litteratur und Schöfferlegenden muß ich auf die Register meiner „Geschichte der Buchdruckerkunst“ (Berlin 1886), für die späteren Erscheinungen auf diesem Gebiete aber auf den seines Ortes in diesem Werke zu bringenden Artikel Procopius Waldvogel verweisen.