ADB:Skoda, Joseph Ritter von

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Artikel „Skoda, Joseph“ von Julius Pagel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 34 (1892), S. 446–447, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Skoda,_Joseph_Ritter_von&oldid=- (Version vom 16. April 2024, 04:45 Uhr UTC)
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Skoda: Joseph S., Arzt und berühmter Kliniker, ist am 5. December 1805 in Pilsen als Sohn eines armen Schlossers geboren. Nachdem er seine Gymnasial- und philosophischen Studien in seiner Vaterstadt absolvirt hatte, ging er 1825 nach Wien, um hier Medicin zu studiren. Im Juli 1831 wurde er zum Doctor der Medicin promovirt und trat sofort als Cholera-Arzt in Böhmen in die Praxis; doch kehrte er bald wieder nach Wien zurück, wo er vom Jahre 1832 bis 1837 Secundararzt am allgemeinen Krankenhause war. 1833 bewarb er sich vergebens um die damals neu geschaffene Assistentenstelle bei der Lehrkanzel für gerichtliche Medicin. 1839 wurde er von der Statthalterei als Armenarzt in St. Ulrich angestellt. In dem genannten Jahre erschien auch seine anfangs nicht beachtete, später so berühmt gewordene und in 7 Auflagen erschienene „Abhandlung über Percussion und Auscultation“, nachdem schon früher als Resultat eingehender Beobachtungen und namentlich auch pathologisch-anatomischer Studien (unter Rokitansky) einzelne Aufsätze über denselben Gegenstand in den „Oesterreichischen Jahrbüchern“ erschienen waren. 1840 wurde mittelst Hofkanzleidecrets vom 13. Februar die Errichtung einer Abtheilung für Brustkranke bewilligt und S. mit deren Leitung betraut, ohne allerdings dafür eine Vergütung zu erhalten. 1841 wurde er Primararzt im allgemeinen Krankenhause und hatte in dieser Eigenschaft neben seiner Abtheilung für Brustkranke auch eine ebensolche für andere innerlich Kranke und für Hautkranke zu versehen. 1846 wurde S. zum Professor der medicinischen Klinik ernannt und begann am 15. October desselben Jahres seine nachmals so erfolg- und ruhmreich gestaltete Lehr- und Forscherthätigkeit an der Wiener Universität, speciell auf dem Gebiete der physikalischen Untersuchungsmethoden. Auf sein besonderes Gesuch hin wurde ihm 1848 die Erlaubniß ertheilt, sich bei seinen Vorträgen statt der bis dahin üblichen lateinischen der deutschen Sprache zu bedienen. Sein klinischer Unterricht, insbesondere die Verdienste, die er sich um die Ausbildung und Vervollkommnung der physikalischen Diagnostik erwarb, verschafften ihm mit Recht einen Weltruf, verhalfen ihm zu vielen äußeren Ehrenbezeigungen und führten ihm eine ganz außerordentlich große Zahl von Schülern aus studentischen und ärztlichen Kreisen aus allen Theilen der Welt, speciell zur Erlernung der Technik und Methodik der Auscultation und Percussion zu. Ende December 1870, nach 25jähriger Wirksamkeit, trat S. aus Gesundheitsrücksichten von der Lehrkanzel zurück, bei welcher Gelegenheit ihm zahlreiche Ovationen von gelehrten, ärztlichen und studentischen Körperschaften, sowie von Seiten des Kaiserlichen Hofes bereitet wurden. Er lebte seitdem ziemlich zurückgezogen, verfolgte aber die Fortschritte der Wissenschaft, sowie die Vorgänge im social-ärztlichen Leben, namentlich aber in der Gesellschaft der Aerzte, deren Ehrenpräsident er war, bis an sein Lebensende mit lebhaftem Interesse. Nach längeren, zum Theil ziemlich qualvollen, aber mit großer Geduld getragenen Leiden starb S. am 13. Juni 1881. Außer mit den obengenannten Abhandlungen, sowie mit einigen Berichten über die auf der Abtheilung für Brustkranke im Wiener [447] allgemeinen Krankenhause behandelten Kranken (vom Jahre 1840 ab in den Oest. med. Jahrbb.), ferner Aufsätzen „über den Herzstoß und die durch die Herzbewegung verursachten Töne" (Ebda. Jahrg. XXII) und „Zur Untersuchung des Unterleibes“ (Ebdd. Jahrg. XXXIII) u. A. ist S. litterarisch nicht weiter hervorgetreten. Dafür ist aber die erstgenannte, weltbekannte Abhandlung über Percussion und Auscultation um so bedeutender und bezeichnet einen Wendepunkt in der Geschichte der physikalischen Untersuchungsmethoden. Nach Inhalt und in ihrer knappen, nüchternen, prunklosen, streng sachlichen Form classisch zu nennen, bildet sie die Grundlage aller von späteren Forschern angestellten Untersuchungen und für alle weiteren über diesen Gegenstand erschienenen Lehrbücher und sonstigen Veröffentlichungen. Die in ihr aufgestellten Lehrsätze sind auch heute noch in Geltung. Danach muß S. als Derjenige angesehen werden, der zuerst gewisse Kategorieen von Schallerscheinungen unterscheiden lehrte, die der physikalischen Configuration und Beschaffenheit der Gewebe und Organe entsprechen, und demgemäß die Athmungsgeräusche in vesiculäre, unbestimmte und bronchiale eintheilte, bei der Percussion den vollen vom leeren, den hellen vom dumpfen, den hohen vom tiefen, den tympanitischen vom nicht tympanitischen Tone sonderte, überdies im Gegensatz zur früheren unvermittelten Identificierung der physikalischen Erscheinungen mit bestimmten Krankheitstypen zuerst betonte, daß jene an und für sich nur auf bestimmte physikalische Zustände im Organismus hindeuteten und „daß der rationelle Arzt erst mit Hilfe seiner pathologisch-anatomischen Erfahrungen aus den Ergebnissen der physikalischen Untersuchung die wirklich vorhandenen inneren Krankheiten erkennen könne“. – Seine unsterblichen Leistungen auf dem genannten Gebiete bedeuten einen ungeheuren Fortschritt; ihnen sind die glänzenden Resultate, welche in jüngster Zeit mit Hülfe der physikalischen Untersuchungsmethoden am Krankenbett haben erreicht werden können, in erster Linie zu danken. Nicht mit Unrecht wird darum S. neben Rokitansky als das Haupt der jüngeren Wiener Schule angesehen.

Vgl. meinen Artikel in Hirsch’s und Gurlt’s Biogr. Lexikon hervorragender Aerzte V, 429 und die daselbst angegebenen Quellen.