BLKÖ:Fallmerayer, Jacob Philipp

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
<<<Vorheriger
Faller, Sebastian
Band: 4 (1858), ab Seite: 140. (Quelle)
Jakob Philipp Fallmerayer bei Wikisource
Jakob Philipp Fallmerayer in der Wikipedia
Jakob Philipp Fallmerayer in Wikidata
GND-Eintrag: 118685996, SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Fallmerayer, Jacob Philipp|4|140|}}

Fallmerayer, Jacob Philipp (Gelehrter, geb. zu Tschötsch im Bezirk Brixen 10. Dec. 1790).[BN 1] Sohn eines armen Landmanns, kam er 1803 in das Cassianeum, ein Chorknaben-Institut, das unter der Leitung des Priesters Val. Forer trefflich gedieh. In Salzburg, später in Landshut setzte F. seine Studien fort, sich besonders auf Sprachen, Geographie und Archäologie verlegend. Die Ereignisse des Jahres 1813 riefen den Jüngling zu den Waffen; als zweiter Adjutant des Generals Spreti that er sich besonders bei Hanau hervor und zog mit den siegreichen Heeren nach Paris. 1815 aus Frankreich rückgekehrt und mit seiner Compagnie nach Lindau verlegt, setzte er nun seine Studien fort, erhielt 1818 eine Professur am Gymnasium zu Augsburg, 1821 zu Landshut, 1826 die Lehrkanzel der Geschichte an der Universität der letztern Stadt. Die Beantwortung der zu Kopenhagen 1823 gestellten Preisfrage über die Geschichte des Großkomnenischen Kaiserthums Trapezunt, lenkte zuerst die allgemeine Aufmerksamkeit auf den Gelehrten. F. erhielt den Preis in einer 40 dänische Ducaten schweren Medaille. Im J. 1831 bereiste er als Begleiter des russ. Generals Grafen Ostermann-Tolstoy den Orient, an Ort und Stelle jene Studien vervollständigend, welche er in seinen spätern Werken veröffentlichte. 1833 kehrte er über Italien nach Deutschland zurück. Nun wurde er ordentliches Mitglied der historischen Classe der Akademie der Wissenschaften zu München. 1840 unternahm er seine zweite Reise nach dem Orient, von welcher er 1842 heimkehrte; und 1847 seine dritte. Im Mai 1848 erhielt er den Ruf an Görres’ Stelle als Professor der Geschichte an die Hochschule von München. Von München wurde F. in’s Frankfurter Parlament gewählt und 1849 wegen Theilnahme an den Stuttgarter Beschlüssen seines Lehramtes enthoben. Den Winter 1849 auf 50 lebte F. in Appenzell und St. Gallen, dann einige Zeit in München, seit 1851 in Südtyrol. Außer zahlreichen Correspondenzen in der allgemeinen (Augsburger) Zeitung, welche sich durch ihre Tüchtigkeit und Freimüthigkeit unter der Chiffre F. bemerkbar machen, gab F. selbständig heraus: „Geschichte des Kaiserthums zu Trapezunt“ (München 1827, 4°.), die obenerwähnte Preisschrift; – „Geschichte der Halbinsel Morea während des Mittelalters“, 2 Theile (Stuttgart 1830 und 36, gr. 8°.); – „Welchen Einfluss hatte die Besetzung Griechenlands durch die Slaven auf das Schicksal der Stadt Athen und der Landschaft Attika?“ (Stuttgart 1835, gr. 8°.); – „Fragmente aus dem Orient“, 2 Bde. (Ebenda 1845, gr. 8°.); – „Denkschrift über Golgatha und das heilige Grab“ (München 1852, gr. 4°. mit einer Tafel). Auch enthält das Wiener Blatt „Donau“ (1857 eingegangen) im Jahrgange 1855 zwei bemerkenswerthe Arbeiten Fallmerayers: „Ueber die orientalisch-deutsche Frage“ (Nr. 394, 396, 398) und „Ueber die Zukunft des osmanischen Reiches“ (Nr. 544, 546, 548, 552, 556). F. hat eine bisher nicht gekannte Ansicht über die neugriechische Nationalität, u. z. sie als eine slavische erklärend, aufgestellt, welche Behauptung mehrere, darunter wissenschaftliche Gegenschriften zur Folge gehabt, wodurch dieselbe einer endgiltigen Fassung offen geblieben ist.

Staffler (Joh. Jakob), Das deutsche Tyrol [141] und Vorarlberg, topographisch … (Innsbruck 1847, Fel. Rauch, 8°.) II. Bd. S. 102. – Steger (Fr. Dr.)[WS 2], Ergänzungs- Convers. Blätter II. Bd. S. 621. – Biographische Umrisse der Mitglieder der deutschen constituirenden National-Versammlung zu Frankfurt a/M. Nach authentischen Quellen (Frankfurt a/M. 1849) S. 182. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon (Hildburghausen 1845, Bibl. Inst., Lex. 8°.) IX. Bd. S. 794. – III. Supplem. Bd. S. 496. – (Brockhaus) Conversations-Lexikon (10. Aufl.) V. Bd. S. 736 [nach diesem geb. 10. Dec. 1791[. – Wigands Conversations-Lexikon (Leipzig 1847 u. f., gr. 8°.) IV. Bd. S. 890. – Nouvelle Biographie générale … publiée sous la direction de Mr. le Dr. Hoefer (Paris 1853) ХVII. Bd. Sp. 66 [nach dieser geb. 10. Dec. 1791].[BN 2]Porträte. 1) Nach Biows Lichtbild lith. (Frankfurt, H. Keller, gr. 4°.). – 2) Unterschrift: Der Reichstags-Abgeordnete Professor Fallmerayer in München. Nordheim sc. (Zeitgenossen. Neue Folge Nr. LXXIII. Verlag des bibl. Instit., gr. 8°.).

Berichtigungen und Nachträge

  1. E Fallmerayer, Jacob Philipp [s. d. Bd. IV, S. 140], gest. zu München 25. April 1861. Seit längerer Zeit leidend, erlag er, 71 Jahre alt, seinem Uebel. Seinen literarischen Nachlaß hat F. seinem langjährigen Freunde, dem Historiker Dr. G. M. Thomas[WS 1], vermacht und sind bereits drei Bände unter dem Titel: „Gesammelte Werke von Jacob Philipp Fallmerayer“ (Leipzig 1861 u. f., Engelmann, 8°.) erschienen. Thomas hat dem ersten Bande einen Abriß der Lebensgeschichte Fallmerayer’s vorausgeschickt und uns darin mit Freundeshand einen Mann gezeichnet, welcher „sein Leben dem Gotte des Lichtes geweiht“. Diese gesammelten Werke enthalten u. a.: „Neue Fragmente aus dem Orient“, „Anatolische Reisebilder“, mehrere Aufsätze aus dem Jahre 1851 und 1853 über Constantinopel, Aegypten, Syrien, Palästina; eine byzantinische Correspondenz aus den Jahren 1840 und 1841, vornehmlich politischen Inhalts und mehrere Anzeigen wissenschaftlicher Werke, vornehmlich solcher, in welchen F. seine eigenen Ansichten und Studien zur Geschichte des mittelalterlichen Griechenlands und seiner Slavisirung bestätigt findet. Er selbst hatte in seinen letzten Jahren herausgegeben: „Das todte Meer“ (München 1853, 4°.) – und „Das albanesische Element in Griechenland“. I. und II. Abtheilung (München 1857 und 1860, 4°.). Fallmerayer feiert, leider erst im Grabe, den Triumph seiner wissenschaftlichen Forschungen über diese Mischlingsrace, genannt Neu-Hellenen. Von Keinem wie von ihm wurde dieses Volk so erkannt, geschildert, be- und verurtheilt. Scharfsinnig als Kritiker, gediegen und gründlich als Forscher, hat er auf dem Gebiete der Prophetie – man lese nur seine Geschichte der Halbinsel Morea im Mittelalter – das Trefflichste geleistet. Sein nicht unbedeutendes Vermögen, welches er sich selbst erworben – denn von armen Eltern, hatte er in seiner Jugend Schafe gehütet – hat F. seinem Neffen, einem jungen Kaufmanne in Brixen, verschrieben.
    Allgemeine Zeitung (Augsburg, 4°.) 1861, Nr. 119, Beilage S. 1944. – Fremden-Blatt (Wien, 4°.) 1861, Nr. 116 [nach diesem wäre F. am 26. April gestorben]; – dasselbe, Nr. 139. – Unsere Zeit (Leipzig, Brockhaus, gr. 8°.) Bd. VII (1863), S. 204. – Deutsche allgemeine Zeitung 1861, Nr. 118, Beilage [Berichtigungen über seinen Nachlaß]. – Beilage zur Zeitung „Deutschland“ 1856, Nr. 249: „Eine Erinnerung an das Jahr 1848“. – Augsburger Postzeitung 1856, Nr. 261, Beilage S. 1042: „Der Fragmentist, Cardinal Antonelli und Mazzini“. – Wiener Zeitung 1861, Nr. 3. [Band 11, S. 403]
  2. E Fallmerayer, Jacob Philipp [Bd. IV, S. 140; Bd. XI, S. 403][WS 3].
    Volks- und Schützen-Zeitung (Innsbruck, 4°.) XVI. Jahrg. (1861), Nr. 53 u. 54. – Tiroler Bote 1861, Nr. 157 u. 158. – Inn-Zeitung 1863, Nr. 17: „Fallmerayer über Griechenland“; – dieselbe 1865, Nr. 195: „Fallmerayer’s Grabesstätte“. – Illustrirte Zeitung (Leipzig, J. J. Weber), Nr. 937, 15. Juli 1867. – Wiener Zeitung 1861, Nr. 251. [Band 26, S. 375]

Anmerkungen (Wikisource)

  1. ADB:Thomas, Georg Martin.
  2. Vorlage: Steger (Frz. Dr.).
  3. Vorlage: Bd. XI, S. 405.