BLKÖ:Vessel, Johann Baptist

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Vessel, Heinrich
Band: 50 (1884), ab Seite: 210. (Quelle)
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Vessel, Johann Baptist (slovenischer Dichter, geb. zu Koses nächst Laibach in Krain 1799, gest. zu Triest am 26. März 1884). Er wird gewöhnlich Vesel-Koseski genannt, welch letzteren Beinamen er von seinem Geburtsorte Koses angenommen hat. Die Schreibung mit einfachem s (Vesel) ist slavisch, er selbst schrieb sich laut des mir vorliegenden Partezettels mit doppeltem s. Ueber Lebens- und Bildungsgang des in Rede Stehenden fehlen alle authentischen Nachrichten, und meine darauf bezüglichen [211] Anfragen bei den Hinterbliebenen des Verewigten blieben unbeantwortet. Neunzehn Jahre alt, trat er im „Laibacher Wochenblatt“ (Nr. 24) mit einem Sonett: „Potashva“, d. i. Der Trost, auf, welches als das erste in krainischer Sprache bemerkenswerth ist. Erst einige Jahre später brachte die „Krajnska zhbeliza“, d. i. Die krainische Biene (1830 u. f.), mehrere andere Proben in dieser Dichtungsform. Indessen widmete er sich zunächst in Laibach, dann an der Hochschule zu Wien den Studien und wendete sich, nachdem er jenes der Rechte beendet hatte, dem Staatsdienste zu, in welchem er nach dem Partezettel die Stelle eines k. k. Finanzrathes in Triest erreichte. Sonst finden wir ihn gewöhnlich als pensionirten k. k. Oberfinanzrath angeführt. Für unser Werk hat seine amtliche Laufbahn, welche schablonenmäßig sich abwickelt, kein näheres Interesse, dagegen nimmt er als slovenischer Poet, in welcher Eigenschaft ihm nach Preshern [Bd. XXIII, S. 267] der erste Rang eingeräumt wird, unsere volle Theilnahme in Anspruch. Von seinen Originaldichtungen ist wenig in die Oeffentlichkeit gedrungen, aber durch seine meisterhaften Uebersetzungen der Dichterkoryphäen anderer Nationen, vornehmlich der deutschen, machte er sich in seinem Vaterlande in ruhmvollster Weise bekannt. Er übertrug Schiller, Bürger, Uhland, Herder, Chamisso , Deržavin und Andere, und wie ein krainischer Literaturhistoriker in freilich etwas überschwenglicher Weise schreibt, lieferte er Uebersetzungen, „die neben dem Vorzuge treuer Wiedergabe in Ansehung der poetischen Diction ihre Originale meistentheils übertreffen!!“ [Bei solchen Ansichten möchte man freilich tief bedauern, daß Schiller und Chamisso und Herder und Bürger nicht als Slovenen zur Welt gekommen.] Die gerühmtesten Uebersetzungen Vessel’s sind: „Divica orleanska“, d. i. Die Jungfrau von Orleans, und „Nevesta mesinska“, d. i. Die Braut von Messina. Außerdem übertrug er eine große Anzahl von Gedichten aus der deutschen, russischen und čechischen Sprache. Um wie viel würde dieser talentvolle Dichter die slovenische Literatur wohl noch bereichert haben, wenn ein hartnäckiges Leiden, welches ihn seit 1852 quälte, es nicht verhindert hätte. Ferner übersetzte er die „Ilias“ des Homer in einer Weise, welche dem Original wenig nachsteht; dabei handhabt er den Hexameter in slovenischer Sprache mit einer Meisterschaft, worin ihm keiner der bisher bekannten Poeten seines Vaterlandes gleichkommt. In seinen letzten Lebensjahren, bereits ein Achtziger, beschäftigte er sich mit der Uebertragung von Dante’s „Göttlicher Komödie“ ins Slovenische, in ein Idiom also, über dessen Inferiorität vor Kurzem der sonst so chauvinistische „Moniteur“ der nationalen Partei in Krain ein rührendes Klagelied anstimmte. Die Uebertragung der gewaltigen Schöpfung des Florentiners war schon im Jahre 1881 zum größten Theile vollendet. Eine Sammlung der Dichtungen Vessel’s erschien, von der slovenischen „Matica“ herausgegeben unter dem Titel: „Razne dela pesnicke in igrekazne Jovana Vesela-Koseskiego. Zalozila Matica Slovenska“ (Laibach 1870, Blaznik, 8°., mit Porträt). In der Geschichte der slavischen Literaturen von A. N. Pypin und V. D. Spasovic wird er als „der größte slovenische Dichter“ bezeichnet. Er hinterließ zwei Söhne: Victor und und Wilhelm, und fünf Töchter, welche sich sämmtlich vermälten, und von denen zwei, Julie und Justine, Witwen sind.

[212] [[BLKÖ:Šafařík, Paul Joseph|Paul Jos. Šafařik’s] Geschichte der südslavischen Literatur. Aus dessen handschriftlichem Nachlasse herausgegeben von Joseph Jireček (Prag 1864, [[BLKÖ:Tempsky, Karl Friedrich Rudolph|Tempsky[[BLKÖ:Tempsky, Karl Friedrich Rudolph|, 8°.). I. Slovenisches und glagolitisches Schriftthum, S. 40 und 83. – Abriß der neuslovenischen Literaturgeschichte von Franz Zakrajšek im Ersten Jahresbericht über die k. k. Oberrealschule in Görz. Veröffentlicht am Schlusse des Schuljahres 1861 (Gratz 1861, bei J. B. Seitz, 8°.) S. 25 u. f. – Allgemeine Zeitung (Augsburg, Cotta, 4°.) 5. August 1881, Nr. 217: „Slovenische Dante-Uebersetzung“. – Křižek (Vácslav). Anthologie Jihoslovanská s předcházející krátkou srovnávací naukou o tvarech a připojeným slovníčkem, d. i. Südslavische Anthologie u. s. w. (Prag 1863, A. Storch. 8°.) S. 118 und 294, unter dem Namen: „Jan Koseski“. – Narodne Novine, d. i. Volkszeitung (Zara, Fol.) 1863, Nr. 231, im Feuilleton: „Kratak pregled slovenske literature“, d. i. Kurzer Umblick in der slovenischen Literatur. – Slovník naučný. Redaktoři Dr. Frant. Lad. Rieger a J. Malý, d. i. Conversations-Lexikon. Redigirt von Dr. Franz Lad. Rieger und J. Malý (Prag 1872, I. L. Kober, Lex.-8°.) Bd. IX, S. 1021.
Porträt. Unterschrift: Facsimile des Namenszuges „Janez Vessel“. Monogramm des Bildnißmalers: lithographirt in Wien (8°.).