RE:Ahorn

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Baumart
Band I,1 (1893) S. 917 (IA)–919 (IA)
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Ahorn, σφένδαμνος, ζυγία, neugriechisch σφενδάμνι, acer (von den spitzen – zu acies, acus – Blättern? vgl. Vaniček Etym. W. 7), italienisch acero. Die Collectivbezeichnung aller A.-Arten war sicher σφένδαμνος, obschon dieses Wort uns auffallenderweise erst bei Aristophanes (Ach. 181), also in verhältnismässig ziemlich später Zeit begegnet. Dass Homer den in vielen Arten in Griechenland ureinheimischen A. nicht gekannt haben sollte, ist schwerlich anzunehmen; es bleibt also nur übrig, jenes Nichterwähntwerden des A. in ältester Zeit auf Zufall zurückzuführen, denn dass die homerische κλήθρη (z. B. Od. V 239) auf den A. zu beziehen sei (Koch Bäume und Sträucher d. a. Griechenl. 238), ist nicht zu erweisen. Daneben bezeichnete aber σφένδαμνος in engerem Sinne eine bestimmte Gruppe von A.-Arten, zum Unterschiede von denjenigen Arten, die unter den Begriff ζυγία fielen. Die letztere, wohl mehr strauchartige oder doch aus niedrigeren Bäumen bestehende Gruppe gehörte[WS 1] vorzugsweise den Bergregionen an und hatte gelbes, schön gefärbtes, gemasertes und festes Holz, während das der mehr in ebenem Gelände wachsenden mit σφένδαμνος oder γλεῖνος bezeichneten A.-Arten weisser, geradfaserig, von verhältnismässig lockerer Textur und weniger gemasert war (Theophr. h. pl. III 11, 2. III 3, 1. Plin. n. h. XVI 67, nur dass hier der Name ζυγία weit besser zum acer montanum passen [918] würde, als zu dem gar nicht hergehörigen Begriffe carpinus, Hainbuche). Bei den Stagiriten gab es noch den Artennamen κλινότροχος (Theophr. h. pl. III 11, 1), doch wissen wir mit diesem ἅπαξ λεγόμενον nichts anzufangen. Plinius (n. h. XVI 66) unterscheidet acer album s. Gallicum (in Italien jenseits des Po und jenseits der Alpen) und eine in Histrien und Raetien wachsende Art, die wegen des besonders schönen krausen Verlaufes der Masern im Holze „Pfauenschweif“ genannt wurde. Eine geringere Sorte hiess, weil dickgeadert, crassivenium. Ovid (met. X 95) nennt den A. coloribus impar. Dies deuten einige auf die bunte geflammte Färbung des Holzes, andere darauf, dass die jungen Blätter vieler A.-Arten lebhaft rotbraun sind und erst allmählich grün werden. Auch giebt es Arten mit gefleckten Blättern. Chloros (Waldverhältn. Griechenl. 29) zählt 7, Koch (Bäume und Sträucher d. a. Griechenl. 240) 8 noch jetzt in Griechenland heimische Arten auf, deren Verteilung unter die alten Begriffe σφένδαμνος und ζυγία mindestens sehr unsicher ist. Als die relativ verbreitetsten Arten gelten: der kretische A. (Acer creticum L.) in den Gebirgen Moreas; der stumpfblättrige A. (Acer obtusatum Kit.); der Montpelliersche A. (Acer monspessulanum L.); der Feld-A. oder Massholder, lateinisch acer oder opulus (Acer campestre L.), in Italien häufiger als in Griechenland (hier fand ihn Fraas bei Carpenitze – 3000’ über dem Meere – und im arkadischen Hochgebirge). Vorzugsweise norditalisch sind der Wald- oder Berg-A. (Acer pseudoplatanus L.) und der spitzblättrige A. (Acer platanoïdes L.), doch kommt die letztere Art auch im Peloponnes und westlichen Hellas vor. Chloros a. a. O. 29. Im allgemeinen vgl. Lenz Botan. d. a. Gr. und R. 648. Fraas Synops. plant. fl. cl. 98. Billerbeck Flora class. 246. Nyman Syll. flor. Eur. 169. Salmasius zu Solin. p. 359. Sprengel zu Theophr. III 11, 1 (p. 107). Neumann-Partsch Physik. Geogr. v. Griechenl. 389. Leunis Synops. II. Teil³ II § 544. Die sonstigen den A. betreffenden Äusserungen bei Theophrast und Plinius sind spärlich, unbestimmt und wenig ergiebig. Nach Theophr. h. pl. III 6, 1 gehört er zu den schnellwachsenden, dabei nur langsam alternden Bäumen. Plin. XVI 119. Er hat oberflächliche Wurzeln in geringer Menge (Theophr. III 6, 5) und zeitigt seine Frucht im Sommer (Theophr. III 4, 4. Plin. XVI 106), nachdem er kurz vor der Tag- und Nachtgleiche ausgeschlagen. Theophr. III 4, 2. Er wächst gern auf wasserreichen Anhöhen, steigt aber auch in die Ebene herunter. Plin. XVI 74. Theophr. III 11, 2. Übrigens wird durch zu feuchten Standort sein Holz eher schlechter. Plin. XVI 69. Über Blätter und Rinde s. Theophr. III 11, 1; über die Blütezeit Plin. XVI 69; über die Art der Pflanzung (durch Samen) Geopon. X 3, 3; über den zum Fällen geeignetsten Zeitpunkt Theophr. V 1, 2. 4. Dass die Frucht des A. der des Paliurus gleiche, wie Theophrast (h. pl. III 11, 2) behauptet, beruht auf Irrtum; dieselbe ist vielmehr bekanntlich eine Flügelfrucht, die sich in zwei nussartig geschlossen bleibende Früchtchen teilt, deren beilförmige Flügel wagrecht abstehen.

Technische Verwendung. Das A.-Holz war wegen seiner sprichwörtlichen Härte (Arist. Ach. [919] 181 und Schol. z. d. St. Suid. s. σφενδάμνινοι. Synes. ep. 56 p. 191B. Iulian Misop. p. 350D. Bekker Anecd. 8, 22. Ribbeck Agroikos 9 vgl. mit Theophr. h. pl. V 3, 3 und Plin. n. h. XVI 211) und schönen Maserung als Fournierholz (Plin. XVI 231) sehr geschätzt und hatte als solches seinen Rang gleich nach dem Citrus. Plin. XVI 66. Besonders wertvoll wegen ihrer schönen Zeichnung waren am A. gewisse maserige Auswüchse oder Knollen (tubera), nämlich das bruscum und in noch höherem Grade das leider nicht die zu Tischen nötige Grösse erlangende und deshalb dem Citrus immerhin nachstehende molluscum. Plin. XVI 68. Das A.-Holz eignete sich – massiv oder in Fournieren verarbeitet – zu den verschiedenartigsten Tischler- und Drechslerarbeiten: zu eleganten Bettstellen (Theophr. h. pl. V 7, 6. Plin. XVI 68. Martial XIV 85: lectus pavoninus; vgl. Plin. XVI 66), Tischen (Athen. II 49a. Diogen. epist. XXXVII 3 p. 251, 38 Herch. Mart. XIV 90. Ovid. met. XII 254. Hor. sat. II 8, 10. Plin. n. h. XVI 68. Strab. XII 546; vgl. auch Sen. de benef. VII 9, 2), Sesseln (Verg. Aen. VIII 178), Gittern (Inschriften bei Fabretti p. 743 nr. 513), Lanzenschäften (Ovid. met. VIII 346), Schreibtafeln (Ovid. am. I 11, 28. Plin. XVI 68), Tafelaufsätzen (Plin. XXXIII 146), Bechern (Venant. epist. 1 ad Gregor. Pap.). Eine Bildsäule aus A. erwähnt Properz (V 2, 59). Auch das troianische Pferd lässt Vergil zum Teil aus A.-Balken gezimmert sein, Aen. II 112; vgl. Ovid. Ib. 567; a. a. I 325 (vacca acerna der Pasiphaë). Im allgemeinen vgl. Seidensticker Waldgesch. d. Altert. II 303 und namentlich Blümner Technol. II 248. Zu Maultierjochen (Theophr. h. pl. V 7, 6) wird man wohl nur minderwertige Sorten verwandt haben; doch möchte Vaniček Etym. W. 760 das Wort ζυγία der Wurzel jug (= ζυγ) zuweisen. Schiffsbauholz lieferte der A. anscheinend nicht. Serv. Aen. IX 87. In manchen Gegenden, z. B. in Norditalien, bepflanzte man die Äcker mit minder stark belaubten A.-Arten, um die Weinreben sich daran emporranken zu lassen. Colum. de r. r. V 6, 4. 7, 1; de arbor. 16, 1. Varro de r. r. I 8, 3. Plin. n. h. XVII 201. In der Heilkunde fand hauptsächlich die Wurzel des A. Verwertung als Mittel gegen Leberschmerzen (Plin. n. h. XXIV 46). Desgleichen wurde ein ähnliches Decoct gegen Ungeziefer bei Schafen gebraucht. Geopon. XVIII 16, 1. In der Mythologie hat der A. eine bemerkenswertere Rolle im Altertum nicht gespielt. Nach Serv. Aen. II 16 war er in tutela Stuporis (Pallor, Pavor, Phobos? Vgl. Murr Die Pflanzenw. i. d. griech. Myth. 25), weshalb die Troianer nach dem Anblicke des aus A.-Balken gezimmerten Pferdes von Angst und Entsetzen befallen worden seien. Bei Macrobius (III 20, 2. 3) wird übrigens der A. weder unter den „glücklichen“ noch unter den „unglücklichen“ Bäumen aufgeführt. Nach Verg. Aen. IX 87 hatte die Idaeische Kybele-Rhea auf der Spitze des Berges einen heiligen dunklen Opferhain, zu dem neben offenbar wichtigeren Bestandteilen auch A.-Bäume gehörten.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: ge- gehörte