RE:Hermias 15

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Autor eines diasyrmos ton exo philosophon
Band VIII,1 (1912) S. 832 (IA)–833 (IA)
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15) Der διασυρμὸς τῶν ἔξω φιλοσόφων des H. ist, soweit bekannt, in 16 zum Teil völlig wertlosen Hss. auf uns gekommen (bei Harnack Die Überlieferung der griechischen Apologeten = Texte und Untersuchungen I, auch Gesch. der altchristl. Literatur, die Überlieferung 782, Nachträge bei Ehrhard Die altchristliche Literatur und ihre Erforschung von 1884–1900 I 252), und auf Grund der alten Kollationen der Ottoschen Ausgabe zuletzt von Diels in den Doxographi Graeci kritisch ediert; der Vindob. philos. et phil. gr. XIII Ness. XX Lamb. saec. XIV vel. XV, der Monacensis DXII saec. XV, der Ottobonianus graec. CXCI saec. XV, der Leidensis XVI Qu. 486 saec. XV bilden die Grundlage für Diels Ausgabe; die einzige ältere Hs. der Patmens. 202 saec. X–XII (zu ihm vgl. vor allem Knopf in der Ztschr. für wissenschaftl. Theologie 1900, 626ff.) ist nicht herangezogen. Die Schrift stellt knapp der alten Philosophen Meinungen über die Seele, Gott und die Welt zusammen, sie gegeneinander ausspielend, aneinander zerreibend, im höchsten Siegesbewußtsein verhöhnend; die Absicht ist δεῖξαι τὴν ἐν τοῖς δόγμασιν οὖσαν αὐτῶν ἐναντιότητα καὶ ὡς εἰς ἄπειρον αὐτοῖς καὶ ἀόριστον πρόεισιν ἡ ζήτησις τῶν πραγμάτων καὶ τὸ τέλος αὐτῶν ἀτέκμαρτον καὶ ἄχρηστον, ἔργῳ μηδενὶ προδήλῳ καὶ λόγῳ σαφεῖ βεβαιούμενον. Die Polemik geht nie tiefer und ist unerfreulich, aber nicht ungeschickt. Die Datierung des Werkes, dessen Verfasser in der Überschrift der Hss. einfach als φιλόσοφος bezeichnet wird und das im Altertum in keiner Weise zitiert wird, ist strittig. Die alte These ist, daß die Schrift mit den anderen christlichen Apologeten zusammen in das 2. oder, wie man jetzt wohl auch sagt 3. Jhdt. gehöre; sie wird heute noch z. B. von Bardenhewer (Gesch. der altkirchlichen Literatur I 299f.), Krüger (Gött. gel. Anz. 1905, 25) di Pauli (Die Irrisio des Hermias = Forschungen zur christl. Lit. und Dogmengesch., herausgeg. von Ehrhard VII 2) verteidigt; ihr gegenüber steht die andere These, die die Schrift erst im 5. oder 6. Jhdt. entstanden denkt; sie wird nach dem Vorgang Menzels in seiner Ausgabe von Diels (a. a. O.), Harnack (Gesch. der altchristl. Lit. Chronol. II 196), Wendland (Theol. Lit.-Ztg. 1899, 186) vertreten. Von besonderer Bedeutung in der Kontroverse ist das Verhältnis des H. zu der ps.-justinischen Cohortatio; Beziehungen sind augenscheinlich vorhanden. Aber während [833] die einen Η. von der Cohortatio abhängig machen, urteilen die andern umgekehrt. Mir scheint besonders der Vergleich von Herm. 11 mit Coh. 31 für die Priorität der Cohortatio zu sprechen; denn diese steht mit ihrem ἐπεὶ πόθεν ἄλλοθεν μεμαθηκὼς ὁ Πλάτων πτηνὸν ἅρμα ἐλαύνειν τὸν Δία ἐν οὐρανῷ λέγει dem Platonischen Original (Ζεὺς ἐλαύνων πτηνὸν ἅρμα πρῶτος πορεύεται) entschieden näher als Η. mit seinem πῶς γὰρ οὐ μέλλω πιστεύειν φιλοσόφῳ τῷ τὸ Διὸς ἅρμα πεποιηκότι; und erweist eben damit sich ziemlich deutlich als ursprünglich; denn eine gemeinsame Vorlage anzunehmen, ist nach der ganzen Sachlage wenig ratsam (beachte die Kombination der Erwähnung des Zeuswagens mit der Bezeichnung Platons als μεγαλόφωνος, wie sie sowohl in der Cohortatio als im H. vorliegt; die Bezeichnung Platons findet sich auch in den Placita bei Diels I 7, 4 p. 299; die Cohortatio, die die Placita auch sonst benutzt, mag sie daher haben; die Kombination mit der Stelle vom Zeuswagen, der in den Placita nicht erwähnt wird, wird sie zum erstenmal geschaffen haben; H. erscheint eben durch die Kombination als von ihr abhängig). Die andere augenscheinliche Parallelstelle zwischen H. und der Cohortatio (Herm. 2 und Coh. 7) widerspricht dieser Abhängigkeit des H. von der Cohortatio so wenig, daß sie sich unter ihrer Annahme viel mehr auf das beste erklärt. Die Abhängigkeit ergibt nicht ohne weiteres das 5. oder 6. Jhdt. Trotzdem wird es dem Richtigen wohl näher kommen als das 2. oder 3. Sogar Wendlands mit aller Reserve vorgetragene genauere Datierung und Einordnung der Schrift wird man ernstlich erwägen dürfen; er hat a. a. O. auf die Verwandtschaft des H. mit dem Theophrastos des Aeneas von Gaza hingewiesen und die Identität des H. mit dem gleichnamigen Adressaten des 129. Briefes Prokops von Gaza vermutet.